Re: Unterversorgung mit Sauerstoff - Fragen einer Angehörigen
16.08.2013 15:53:52
Hallo Papastochter,
viele Fragen, ich werde mal versuchen sie hier aufzudröseln:
1. Ich habe ihm geraten bei Belastung den Flow höher zu stellen, davor fürchtet er sich, weil er Angst hat sich daran zu gewöhnen und immer mehr zu brauchen, hat er damit recht?
An Sauerstoff gewöhnt man sich nicht, den atmete man seit seiner Geburt und braucht da auch keine Erhöhung. Das gilt nur für Herz- bzw- Lungenerkrankungen.
Die Sauerstoffzufuhr sollte man immer nur in Absprache des Arztes erhöhen. Wenn der das ok gibt, dass man kurzfristig die Zufuhr um 0,5l oder 1l erhöhen kann, dann ist es ok.
Eigenmächtig bitte nichts an der Einstellung ändern, weil es auch zuviel Sauerstoff werden könnte, dann droht eine Sauerstoffnarkose. Steigt dann unter der Mehrgabe gar noch der CO²-Wert an, dann droht eine CO²-Narkose. Also bitte sehr vorsichtig sein.
2. Haltet ihr die Dosierung im allgemeinen für ausreichend?
Das kann dir hier keiner beantworten. Die Standardverordnung liegt bei zwei Liter. Da dein Vater aber 3,5l bekommt, werden Ärzte schon explizid den Bedarf ermittelt haben mit mehreren Blutgasanalysen, bis der Wert unter der entsprechenden Sauerstoffgabe den Normalwert erreicht hat.
Sauerstoff ist ein Medikament wie Tabletten. Anwendungsdauer und Menge sollte eingehalten werden.
3. Wäre er mit Flüssigsauerstoff besser versorgt und leistungsfähiger?
Leistungsfähiger grundsätzlich erst einmal nicht, dafür müsste er viel Bewegung haben, mindestens eine halbe Stunde Spaziergang am Tag, besser noch Lungensport.
Mobiler würde er auf jeden Fall sein, da ich davon ausgehe, dass dein Vater nur die Basisverordnung der KK erhalten hat, sprich Konzentrator Standgerät und Druckgasstahlflaschen.
Mit dem Konzentrator kann er nicht nach draußen, die Stahlflaschen sind in der Regel zu schwer und viel zu schnell alle, um sich länger außer Haus aufzuhalten.
Mit Flüssigsauerstoff ist er auf jeden Fall mobiler.
4. Laut seinen Aussagen ist das Herz noch okay (keinen paH), und die COPD bei III (?), kann es trotzdem sein, dass er im infektfreien Zustand so schlecht dran ist, oder zeugt das eher für eine schlechte Versorgung?
Eine PAH ist ein Lungenhochdruck, der nicht zwangsläufig auftreten muss. Das Herz kann aber trotzdem in Mitleidenschaft gezoge sein.
Sein schlechter Zustand kann von mangelndem Training herrühren, von einer schlechten Versorgung würde ich da nicht sprechen.
Mit schlechtem Zustand meinst du sicher auch vermehrte Atemnot, die wiederum auf mangelnde Bewegung zurückzuführen ist, weil die Muskeln bei Belastung mehr Sauerstoff fordern.
5. Gibt es ein Anrecht aus Hausbesuche von Ärzten? Wie kann er versorgt werden? Krankenhaus bedeutet ja immer auch erhöhte Infektionsgefahr?
Hier habe ich mal einen Link:
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmanach/Grundzuege/hausbesuche.php
Der Lungenfacharzt macht in der Regel keine Hausbesuche. Wenn dein Vater aber einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen "G" und "aG" hat, dann kann der HA ihm einen Transportschein ausstellen und dann wird dein Vater vom Krankentransportdienst abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht.
6. Könnte manuelle Therapie zur Lockerung der Atemmuskulatur hilfreich sein? Wie bekommt man diese verschrieben?
Im Prinzip ja, geht aber muskulär nicht tief genug.
Besser wäre eine reflektorische Atemtherapie siehe hier:
http://www.reflektorische-atemtherapie.de/
Dort findest du Therapeuten und viele allgemeine Info.
Die reflektorische Atemtherapie verschreibt der HA oder de Lufa. Will der eine nicht, beim anderen versuchen.
Ich hänge mal eine Musterverordnung dran.
Es gibt Atemtherapeuten, die Hausbesuche machen.
7. Ich glaube, dass er starke Angstzustände hat, mit beleitenden depressiven Phasen, kennt ihr das auch, und wie kann man damit umgehen? Vielleicht ist er auch deswegen so inaktiv, was ich gut verstehen könnte?
Ängste und Depressionen sind leider Begleiterkrankungen der COPD. Mehr Info über die Erkrankung als solches, wie Angehörige damit umgehen und was wir als Betroffene möchten, findest du hier:
http://www.das-lungennetzwerk.de/
Du kannst dich dort kostenlos registrieren.
Mehr Info würde hier einfach den Rahmen sprengen.
Wenn du mehr Fragen hast, oder etwas nicht klar ist, dann frage bitte weiter.
Liebe Grüße
Birgit
NS eine Reha in einer entsprechenden Klinik wie die Klinik Bad Reichenhall oder Schönau im Berchtesgadener Land wäre für deinen Vater sicher sehr sinnvoll.
http://www.myimg.de/?img=KGVerordnungMusterb5d4da.jpg
Letzte Änderung: 16.08.2013 16:01:23 von bibiviola